Er gehört zu uns!
Markus Bärtschiger
Stadtpräsident Schlieren
Fragt man die Bevölkerung von Schlieren nach einer Hymne für ihre Heimatstadt ist die Antwort – mindestens bei den «Alteingesessenen» – schnell gefunden: Unsere Hymne ist das Lied «Mir händ s Gaswärk» vom Cabaret Rotstift (Text und Musik: W. von Aesch). Wie heisst es so schön in diesem Musikstück aus dem Jahr 1968: «Schlieremer wüssed genau: So es Gaswärk isch doch Gold wärt, schynt’s vo usse no so grau!»
Obwohl heute das Gaswerk bzw. das Gaswerkareal am Rande der Stadt Schlieren gelegen, an die Limmat gedrängt, im Alltag der meisten Schlieremer keine Rolle mehr spielt, ausser vielleicht beim sonntäglichen Spaziergang entlang der Limmat, geniesst das Gebiet mit seinen alten Gebäuden noch immer eine Sonderstellung, bleibt ein Identifikationspunkt für Schlieren.
Das war nicht immer so: Das russige, stinkende Areal war in der Bevölkerung verhasst. Obwohl nicht zuletzt die Anlagen des Gaswerks, die Energie aus der Gasi, den einstigen Aufstieg der Stadt Schlieren ermöglichten, zum «Ruhrgebiet der Schweiz», zu einem Schwerpunkt der Industrie im Kanton Zürich.
Geblieben von diesem Industriestandort ist nicht mehr viel. Heute sind dessen Zeugen verschwunden, sowohl das Gaswerk selbst als auch die zur gleichen Zeit wie das Gaswerk aus der Stadt Zürich «verbannten» und nach Schlieren gezogenen Unternehmen, die Leimfabrik Geistlich und die Wagenfabrik Geissberger (daraus wuchs die Wagon- und Aufzügefabrik AG). An ihrer Stelle sind neue Wirtschaftszweige gewachsen: Biotech-Unternehmen, eine lebhafte Startup-Szene usw. Eine Vielzahl von neuen Arbeitsplätzen ist auf dem Gebiet der altehrwürdigen Unternehmen entstanden.
Einige wenige bauliche Zeugen der untergegangenen Industrieunternehmen konnten sich noch in die Jetztzeit retten. Viele davon auf dem ehemaligen Gaswerkareal. Zurecht geniessen sie heute einen speziellen Schutz.
Insbesondere der ehemalige Glockenturm und der letzte verbliebene Gasometer sind zu einem Wahrzeichen für die Stadt Schlieren geworden. Vielleicht wird man in Zukunft noch weitere Identifikationspunkte finden, um zu definieren, wo denn Schlieren liege, aber heute liegt Schlieren, getreu unserer heimlichen Hymne: «deet bim Gaswärk a de Limmet, i de Nöchi vom Chloschter Fahr!» Somit ist der Gasometer für uns SchliermerInnen mehr als eine alte unnütze Maschine, nur schön anzusehen! Er ist unser geografischer Leuchtturm, aber auch unser Leuchtturm zu unserer Geschichte. Er erinnert uns mit seiner immensen Grösse Tag für Tag an unsere Wurzeln. Er zeigt aber auch in seiner Fragilität, in seinem wohl irgendwann doch endlichen Dasein, dass wir uns auf dem Erreichten nie ausruhen dürfen.
Der Gasometer ist für Schlieren ein Zeichen der Freude, aber bleibt auch ein stetiges Mahnmal und gehört einfach – möglichst lange – zu uns!